Orchideen, Sumpfblutauge und andere Kostbarkeiten
Orchideen, Sumpfblutauge und andere Kostbarkeiten
15 Jahre Florenschutz der Naturschutzbehörde im Landkreis Dahme-Spreewald
Betritt man die vielerorts vorhandenen Gartencenter, findet man neben dem üblichen Sortiment von Grünpflanzen u.a. auch tropische Orchideen, die in vielen Haushalten die Blumenbänke schmücken. Dass es neben diesen Exoten auch heimische Orchideenarten gibt, ist nur Wenigen bekannt.
Kommt man in unserem Landkreis mit meist älteren Leuten ins Gespräch, erfährt man zum Beispiel, dass zu Zeiten der kleinbäuerlichen Wirtschaft in den Niederungs- und Moorbereichen oder in den Verlandungsbereichen von Seen Orchideen und auch andere Pflanzenarten wie Bachnelkenwurz, Sumpfdotter-Blume und Kuckucks-Lichtnelke häufig und zahlreich vorhanden waren.
Aber wie sieht es im 21. Jahrhundert mit unseren wild wachsenden Orchideenarten aus?
Hat der Landkreis Dahme-Spreewald mit insgesamt 4 Großschutzgebieten, 72 Naturschutzgebieten und 15 Landschaftsschutzgebieten artenreiche und vor allem stabile Orchideenbestände zu bieten?
Bevor darauf näher eingegangen wird, sollte man wissen, dass die Artenzahl der Orchideen weltweit auf 20.000 mit ca. 400 Gattungen geschätzt wird. Europa stellt mit ca. 215 wild wachsenden Orchideenarten und mit 30 Unterarten lediglich ein Randgebiet dar.
Die floristische Verarmung und zugleich der Rückgang nährstoffreicher Feucht- und Nasswiesen (Calthion) ist durch eine Vielzahl menschlicher Eingriffe verursacht worden. Dazu gehören zum Beispiel die Veränderung des Landschaftswasserhaushaltes und der Nährstoffverhältnisse, ebenso wie die Nutzungsintensivierung beziehungsweise Nutzungsaufgabe. Man kann allgemein feststellen, dass seit etwa 1800 bis 1850 ein zunehmender und zugleich einschneidender Landschaftswandel, verbunden mit tief greifenden Veränderungen der Landnutzungen einsetzte.
Die größten Verluste der Flora der Moore und des Feuchtgrünlandes traten während der Komplexmeliorationswellen der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts auf.
1992 war es besonders engagierten Leuten des ehrenamtlichen Naturschutzes zu verdanken, dass eine erste umfangreiche Kartierung der gesetzlich geschützten Biotope und besonders geschützter Arten im damaligen Altkreis Lübben durchgeführt wurde. Auch die Pflege von kleinflächig brach gefallenden Nasswiesen trug nachhaltig zur Erhaltung von Orchideenbeständen bei.
Wiesen mit Orchideenarten wie das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis L.) und das Steifblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata L.), außerdem Bachnelkenwurz (Geum rivale L.), Sumpf-Calla (Calla palustris L.), Sumpfdotterblume (Caltha palustris L. var. palustris), Fieberklee (Menyanthes trifoliata L.), Rosmarienheide (Andromeda polifolia L.) und Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris (L) Scop.) sind seit mittlerweile 15 Jahren elementarer Bestandteil der Biotop- und Landschaftspflege der Naturschutzbehörde im Landkreis Dahme-Spreewald.
Durch den Einsatz spezieller Mähtechnik ist es überhaupt möglich, Wiesen mit sehr hohen Grundwasserständen auch großflächig zu pflegen. Die Mähraupen, die seit nunmehr fast 15 Jahren zum Einsatz kommen, haben durch ihren geringen Bodendruck in Verbindung mit Kettentechnik die Möglichkeit, auf leicht verbuschten Feuchtwiesen bodenschonend Altgräser und Gehölze in einem Arbeitsgang zu mähen. Das Mähgut wird dabei sofort als gehäckseltes Material in einen Container geblasen und der Landwirtschaft zur weiteren Verwertung (Ackerbau) zugeführt.
Dass sich diese Technologie bewährt hat, zeigen botanische Kartierungen auf den Pflegeflächen seit 1992.
Die positive Bilanz am Beispiel der Orchideenbestände im Altkreis Lübben von 1992 -2002 zeigt, dass durch eine kontinuierliche und technologisch verträgliche Pflege nicht nur eine Erhaltung von Orchideenwiesen möglich ist, sondern dass auch eine deutliche Ausbreitung der Exemplare eintreten kann.
So stieg die Anzahl der kartierten blühenden Orchideen auf den Pflegeflächen im Zeitraum von 1992 – 2002 von 2.281 auf 18.873 Exemplare.
An dieser Stelle muss trotz dieses erfreulichen Trends dennoch deutlich gemacht werden, dass durch den erheblichen Rückgang der Vertragsnaturschutzmittel im Land finanzielle Anreize für Eigentümer und Agrarbetriebe, die besonders auf unwirtschaftlichen Flächen bisher zum Florenschutz beigetragen haben, zunehmend fehlen.
Eine Nutzungsaufgabe führt innerhalb weniger Jahre, besonders auf kleinen Flächen durch Gehölzverbuschung zur Verdrängung konkurrenzschwacher Arten und in der Folge zur floristischen Verarmung.
Auch in Bezug auf die weiterhin erhebliche „Entwässerung der Landschaft“, besonders unserer Moorbereiche, muss ein neues Verständnis erwachsen.
In Zusammenarbeit mit den Wasser- und Bodenverbänden und dem Landesumweltamt sollen in den nächsten 10 bis 15 Jahren weitere Projekte zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes und des Moorschutzes im Landkreis umgesetzt werden.
Es ist an der Zeit, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln „Wiedergutmachung“ für die menschlichen Eingriffe in unseren Moorökosystemen zu leisten.
Überall dort, wo das akkumulierende Ökosystem „Moor“ seine Funktionen, Kohlenstoff sowie Nähr- und Schadstoffe aus dem Stoffkreislauf festzuhalten, über lange Zeiträume erfüllen kann, wird damit auch ein nicht zu unterschätzender Beitrag zum Klimaschutz geleistet.
Dies ist in der heutigen Zeit eine der entscheidendsten Naturschutzstrategien in unserer Kulturlandschaft.