Pres­se­mit­tei­lung

2004 / 0035 - 05.04.2004

Projekt "Jugend-InForm" hat landesweit Modellcharakter

Am 24. März 2004 informierten sich Landrat Martin Wille, Sozialdezernentin Sylvia Lehmann und Jürgen Pankonin, Geschäftsführer der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“ im Diakonischen Werk in Lübben über das Projekt „Jugend-InForm“. Begrüßt wurden die Gäste von Michael Braukmann, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes.

Seit Juli vergangenen Jahres arbeitet das Diakonische Werk des Kirchenkreises Lübben e. V. im Rahmen dieses Projektes speziell mit Kindern und Jugendlichen aus Spätaussiedlerfamilien, die nicht selten mit der Situation in ihrem neuen sozialen Umfeld überfordert sind. Hauptursachen dafür sind in der Regel sprachliche Barrieren und der „Heimatverlust“. Genau diese Probleme greift das Projekt „Jugend-InForm“ in der Betreuung und Beratung auf, um eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten.
Projektleiterin Vera Rudi kam vor neun Jahren selbst als Spätaussiedlerin aus Kasachstan nach Deutschland und kennt die Schwierigkeiten der Kinder und Jugendlichen oft aus eigenem Erleben. Die gelernte Lehrerin hat sich im Migrationsfachdienst für Zuwanderer engagiert. Seit Sommer 2003 begleitet sie 30 jugendliche Migranten aus dem Landkreis Dahme-Spreewald auf ihrem Integrationsweg. Sie besuchte alle neu ankommenden Spätaussiedlerfamilien, in denen Jugendliche im Alter von 12 bis 20 Jahren leben und stellte das Projekt vor. Es wird in vier Hauptschritten realisiert. Das erste Gespräch dient nur zur Kontaktaufnahme mit den Jugendlichen und ihren Eltern, sagt Vera Rudi. Hier werden erste allgemeine Informationen vermittelt. Im zweiten Gespräch werden dann die persönlichen Daten und die mitgebrachten Fähigkeiten und Fertigkeiten der Jugendlichen aufgenommen. Im dritten Gespräch geht es um die Perspektivenberatung. Vera Rudi informiert z.B. über das Schulsystem im Land Brandenburg, über Chancen für Studenten und über die Notwendigkeit eines Sprachkurses an der Otto Benecke Stiftung in Berlin. In einem verbindlichen Förderplan werden individuelle Wege, Ziele und Möglichkeiten festgelegt. Im vierten Schritt geht es schließlich um die Realisierung des Integrationsplanes, um regelmäßige intensive Gespräche, um aktuelles Reagieren, um die schnelle Suche nach anderen Wegen falls Wartezeiten oder andere unvorhersehbare Hindernisse auftreten. Für die Jugendlichen wurde ein Terminsystem in Form einer Visitenkarte erarbeitet, erzählt Vera Rudi. Auch wenn die Familie in eine eigene Wohnung zieht, bleibt der Kontakt bestehen.
Von den 30 Jugendlichen im Projekt sind 17 männlich und 13 weiblich. Das jüngste Mädchen ist 11 Jahre alt. Die anderen Teilnehmer sind im Alter zwischen 12 und 24 Jahren. Vera Rudi hatte einige ihrer Schützlinge mitgebracht. Der 21 jährige Andreas Pivovarov und seine gleichaltrige Frau Natalia aus Uspekistan wohnen in einer eigenen Wohnung in Uckro. Andreas erzählt, dass er bereits seit 2 Jahren in Deutschland lebe, gerade den vorgeschriebenen Sprachkurs belege, danach das Abitur machen werde, um dann in zwei Jahren an der Universität in Cottbus Informatik studieren zu können. Der tägliche Weg nach Berlin zum Sprachunterricht sei zwar weit, aber irgendwie machbar. Das Wichtigste für ihn ist der ständige Kontakt mit deutschen Leuten. Natalia lebt erst seit drei Monaten hier. Freunde hat sie noch nicht gefunden. In Uspekistan hatte Natalia bereits vier Semester Englisch studiert und will nun versuchen ihr Studium hier fortzusetzen. Das Problem ist die Wartezeit auf den Pflichtsprachkurs an der Otto Benecke Stiftung. Dimitri aus Kasachstan lernt schon seit sechs Monaten die deutsche Sprache, wohnt in Luckau und möchte wie in seiner alten Heimat als Schweizer arbeiten, aber sein Berufsabschluss wurde bei uns nicht anerkannt. Für ihn sieht der Förderplan eine Ausbildung als Konstruktionsmechaniker / Fachrichtung Schweizer vor. Die 16 jährige Alece aus der Ukraine geht in die 10. Klasse am Paul Gerhardt Gymnasium in Lübben. Auch sie möchte später studieren.
Das Projekt „Jugend-InForm“ hat für das Land Brandenburg Modellcharakter und wird mit 24.000 EURO hauptsächlich von der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“ finanziert. Der Landkreis Dahme-Spreewald unterstützt die Aktivitäten mit 1.500 EURO. Weitere 6.500 EURO werden aus Eigenmitteln des Diakonischen Werkes finanziert. Allerdings ist die Förderung für ein Jahr begrenzt und läuft im Juli 2004 aus. Ob und wie das Projekt weiter geführt werden kann, steht noch nicht fest. über Sinn und Erfolg der Integrationshilfe für junge Migranten waren sich die anwesenden Gäste einig. Trotz der angespannten Haushaltslage will man Möglichkeiten der Weiterfinanzierung prüfen. Eine Dauerfinanzierung des Projektes ließen die Grundsätze der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“ nicht zu, sagte Geschäftsführer Jürgen Pankonin. Allerdings könne er sich eine überbrückungsfinanzierung bis zum 1. Januar 2005 vorstellen