Pres­se­mit­tei­lung

2002 / 0110 - 17.12.2002

Grußwort des Landrates zum Jahreswechsel 2002/2003

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Wieder liegt ein ereignisreiches Jahr hinter uns. Das begonnene Euro-Zeitalter ist für viele noch gewöhnungsbedürftig. Der Ausgang der Bundestagswahl hat den Kurs für die nächsten Jahre aufgezeigt. Schlagzeilen wie Gesundheitsreform, Riester-Rente, Pisa-Studie, Steuererhöhungen und Sparpakete halten uns tagtäglich in Atem. Es ist nicht gerade leicht, Schritt zu halten. Oft hat man den Eindruck, unser Leben wird immer komplizierter. Doch bei allem Für und Wider dürfen wir nicht vergessen, dass der Wohlstand, in dem wir in Deutschland leben, für uns schnell zur Normalität geworden ist, für viele andere auf der Welt aber unvorstellbar scheint.
Wie schnell man unverschuldet sein gesamtes Hab und Gut verlieren kann, hat uns in diesem Jahr die erschütternde Hochwasserflut in Deutschland vor Augen geführt. Doch da, wo das Wasser Dörfer und Stadtteile verschwinden ließ, Existenzen und Erinnerungen zerstörte, sind überraschend andere Kräfte sichtbar geworden - Solidarität, Hilfsbereitschaft, selbstloser Einsatz für andere. Auch in unserem Landkreis war die Spendenbereitschaft überwältigend. Ich möchte allen Bürgerinnen und Bürgern, Firmen und Gemeinden danken, die großzügig Geld und Sachwerte für die Flutopfer spendeten. Allein auf das Spendenkonto des Landkreises sind 47.474,47 Euro eingegangen. Sie wurden für den Aufbau des stark zerstörten Kindergartens ?Mühlenwichtel? im sächsischen Freital eingesetzt.
Der Mut und der Optimismus der Hochwassergeschädigten ist beispielgebend und beeindruckend. Ich wünschte mir mehr davon in unserem Landkreis, denn wir haben allen Grund, mit Zuversicht ins neue Jahr zu gehen. Natürlich gibt es auch genügend Probleme, auf die wir angemessen reagieren müssen und werden.
Wie immer waren Kreistag und Kreisverwaltung nach Kräften bemüht, Leistungsangebote zu qualifizieren und an der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen im Landkreis mitzuwirken. Ständige Sparzwänge machen dies allerdings immer schwieriger. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, optimale Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu gewährleisten und auf die Balance zwischen der Entwicklung im Norden und im Süden unseres Kreises zu achten.
Sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch in der Gewerbeansiedlung sind die Tendenzen leicht rückläufig. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote liegt kreisweit bei 14,7 Prozent. Hauptbetroffen sind das Baugewerbe und der Dienstleistungssektor. Das andauernde Konjunkturtief im Handwerk konnte nicht überwunden werden. Die 36 Gewerbegebiete im Landkreis sind zu zwei Dritteln ausgelastet. Hier arbeiten fast 7.800 Menschen. Große Hoffnungen auf einen kräftigen Wirtschaftsschub verknüpfen wir mit der Fertigstellung des Technologiezentrums für Luft- und Raumfahrt in Wildau im Herbst 2003. Von der dort zur Verfügung stehenden Fläche von 9.600 m² sind bereits 6.200 m² Fläche vermietet bez. reserviert.
In meinem Grußwort zum vergangenen Jahreswechsel habe ich noch den Prototypen des CargoLifters CL 160 als innovatives Aushängeschild des Landkreises angekündigt. Heute wissen wir, dass die Vision von der Realität eingeholt wurde. Die intensiven Anstrengungen um die Erhaltung des Technologiestandortes in Brand haben uns im letzten Jahr viel Zeit und Kraft gekostet. Die Bemühungen gehen aber weiter. Mit dem im September eröffneten Technologiezentrum für Luft- und Raumfahrt Schönefelder Kreuz am Standort Brand soll die Entwicklung der ?Leichter-als-Luft?-Technologie mit neuen Unternehmen eine neue Chance bekommen.
Chancen für Arbeitssuchende und Existenzgründer boten und bieten auch erfolgreich laufende Projekte wie das EU-Programm EQUAL und der Lotsendienst unserer Wirtschaftsfördergesellschaft.
Ein Blick auf die Tourismusbranche zeigt, dass unsere schöne Landschaft allein nicht ausreicht. Bei den Tagesgästen und den übernachtungen sind erstmals leichte Rückgänge zu verzeichnen. Gemeinsam mit den Tourismusverbänden müssen wir neue Wege und Ideen suchen, damit der Tourismus fit für die Zukunft wird. Mit Freude beobachte ich, dass sich unsere Markenprodukte mit dem Spreewald-Logo immer besser etablieren.
Schritt für Schritt arbeiten wir an der Verbesserung der kreislichen Infrastruktur. Mit fast
7,7 Mio. Euro wurden Investitionsmaßnahmen in unseren Städten und Gemeinden gefördert. Allein 2,7 Mio. Euro haben wie für die Modernisierung und den Neubau von Schulen und Sportanlagen ausgegeben. Größte Investitionen des Jahres waren die Mehrzweckhalle in Königs Wusterhausen, der Anbau an der Gesamtschule Paul Dessau in Zeuthen, die neue Kindertagesstätte in Schönwalde, der Sporthallen-Neubau in Märkisch-Buchholz und die Sanierung der Realschule in Lübben. Für die Aus- und Weiterbildung kann man nicht genug tun. Sie ist kein Luxus, sondern ein existentielles Gut. Schließlich hängt davon entscheidend die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft ab und damit auch der Wohlstand, den wir erreichen können. Der Landkreis legt großen Wert auf den Erhalt von Schulstandorten, muss sich aber auch den gesetzlichen Vorschriften beugen. Auf Dauer wird sich die Schließung einiger Schulen wegen zu geringer Schülerzahlen nicht verhindern lassen.
Besorgniserregend ist die ansteigende Zahl der Sozialhilfeempfänger im Landkreis, fast dramatisch das Durchschnittsalter. Es liegt bei 25,8 Jahren. Hier muss vor allem auf dem Arbeitsmarkt etwas passieren.
Voraussichtlich wird es dem Landkreis wieder gelingen, 2003 mit einem ausgeglichenen Haushalt zu arbeiten. Doch in der Situation, in der sich die öffentlichen Haushalte befinden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns von gewohnten Standards trennen und einiges an Leistungen zurücknehmen müssen.
Unsere Jugend liegt uns am Herzen. Trotz aller Spareinschnitte werden wir die mobile Jugendarbeit fortsetzen und sie qualitativ verbessern. Es muss uns gelingen, die Bereitschaft und Fähigkeit junger Menschen zu fördern, sich gesellschaftlich und politisch zu engagieren. Nur Argumente zählen, nicht Vorurteile.
Wie wir wissen, wird unsere Gesellschaft immer älter. Früher war hohes Alter die Ausnahme, heute ist es die Regel. Die alten und die Hilfe bedürftigen Menschen gehören in unsere Mitte. Wir sind verpflichtet und bestrebt, ihnen hohe Lebensqualität und Mitspracherecht zu gewähren. An dieser Stelle möchte ich allen ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern recht herzlich danken. In welchem Bereich auch immer Sie tätig sind, mit Ihrer Hilfsbereitschaft machen Sie unser Land, unseren Kreis, Ihre Gemeinde ein Stück menschlicher und damit lebenswerter.

Unser Alltag ist wie ein spannender Fortsetzungsroman, der jeden Tag weitergeschrieben werden muss, und zwar von uns allen. Jeder kann mithelfen, die Lebensumstände zu verbessern.

Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen für das neue Jahr annehmen und meistern.

Ich wünsche Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Freunden einen schwungvollen Jahreswechsel und für 2003 viel Gesundheit, Glück und Erfolg.



Ihr Martin Wille