Pres­se­mit­tei­lung

2004 / 0038 - 05.04.2004

Landrat Martin Wille blickt auf 40 Dienstjahre zurück

In einer Pressekonferenz am 1. April 2004 ließ Landrat Martin Wille 40 Dienstjahre in der Verwaltung Revue passieren. Auf den Tag genau vor 40 Jahren begann der damals
21-Jährige seine Inspektorenausbildung im Bezirksamt Berlin-Neukölln und parallel dazu an der Verwaltungsfachschule. Seit 1997 ist Wille Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald. Im April 2005 läuft seine Zeit als gewählter Landrat ab, doch er fühlt sich noch fit genug, um seine Dienstzeit bis zum 65. Lebensjahr zu verlängern.

„Häufig beginnt man eine Ausbildung aus Verlegenheit“, sagte Wille am Beginn seines Rückblicks auf 40 Dienstjahre. Sein Lieblingsfach in der Schule war immer Geschichte und gern hätte er auch diese Fachrichtung studiert, wollte Historiker werden. Leider ließen die bescheidenen finanziellen Möglichkeiten seiner Familie ein Studium an der Universität nicht zu und so entschied sich der damals gerade 21-Jährige nach dem Abitur für die relativ sichere Verwaltungslaufbahn. „Anfang der 60ger Jahre war der öffentliche Dienst nicht so doll gefragt, weil die Wirtschaft im Land boomte und im Vergleich zur Verwaltung eine attraktivere Bezahlung bot“, erläuterte Wille.
„Der erste Tag war wahnsinnig spannend“, erinnerte er sich. Zusammen mit den anderen Dienstanwärtern wurde er persönlich vom Bezirksbürgermeister im Rathaus Neukölln begrüßt. Anschließend habe man ihm den Diensteid abgenommen. Damit wurde er ins Beamtenverhältnis auf Widerruf übernommen. Nach dieser Ehre erhielt er in der Bezirkskasse auch gleich noch sein erstes Gehalt. „Ich bekam 314 Mark, obwohl ich doch noch gar nichts gemacht hatte“, meinte Wille. Die Vorausbezahlung am Monatsanfang sei aber typisch für den öffentlichen Dienst. Zeitgleich mit dem Beginn seiner Ausbildung wurde die 5-Tage-Arbeitswoche mit 45 Stunden eingeführt. Man hatte feste Arbeitszeiten, von 7.30 Uhr bis 17.00 Uhr. Dann fiel ihm sein Einstellungstest ein, den er auch schon vor 40 Jahren absolvieren musste. Er sei zwar nicht besonders schwer gewesen, aber ein gewisses Maß an Allgemeinbildung musste man schon vorweisen, meinte Wille. Zu seinen Testfragen damals gehörte ein Aufsatz über die Rolle der Vereinten Nationen, die Einordnung zeitgeschichtlicher Ereignisse und Rechenaufgaben. Während seiner Ausbildung arbeitete er in zehn verschiedenen Fachämtern, angefangen von der Kasse über das Sozialamt bis hin zum Grundstücksamt. Nach der Ausbildung schloss sich eine 2 ½ jährige Probezeit an, die ihm mit der Note –gut- attestiert wurde. Bis 1972 war Wille im Bezirksamt Neukölln tätig, unter anderem im Haushalts- und Rechnungswesen und als Leiter des Sportamtes. Anschließend wechselte er in die Senatsverwaltung für Inneres. Zu seinen Aufgaben dort gehörte die Automation des Stellenplanes der Berliner Verwaltung. Später war er für den Katastrophen- und Zivilschutz zuständig. In seiner Verwaltungslaufbahn hatte er es inzwischen zum Oberamtsrat gebracht.
Schon während seiner Ausbildungszeit war Martin Wille politisch sehr aktiv. 1965 trat er in die SPD ein. „Wir waren damals eine relativ politische junge Generation in Berlin“, erzählte er. Mit sichtlicher Freude erinnerte er sich an einen „Debattierklub“, in dem er sich regelmäßig mit politisch interessierten Freunden traf, „um die Welt zu verändern“. Begünstigend kam hinzu, dass der Bezirk Neukölln mit fünf westeuropäischen Städten Partnerschaften pflegte. In Neukölln fand er schließlich sein politisches Wirkungsfeld. Er wurde Bürgerdeputierter, später Bezirksverordneter und Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. 1991 wählte man ihn zum Bezirksstadtrat (Beigeordneter) für Finanzen und Wirtschaft im Stadtbezirk Berlin-Neukölln. Mit der Wahlniederlage der SPD 1992 verlor er dieses Amt wieder.
Im Finanzministerium des Landes Brandenburg suchte er seine neue berufliche Herausforderung. Hier war er als Referent in der Haushaltsabteilung tätig und vollzog den übergang in den höheren Verwaltungsdienst. 1996 wurde er zum Regierungsdirektor ernannt. Seit der Wende hielt Wille enge Kontakte mit der SPD in Treptow und im damaligen Kreis Königs Wusterhausen. Er half beim Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen. Für diese Aufgabe ließ er sich ein halbes Jahr in die Kreisverwaltung nach Königs Wusterhausen versetzen. Auch während seiner Zeit im Finanzministerium blieb die freundschaftlich beratende Tätigkeit in Königs Wusterhausen bestehen. Zu den spannendsten Momenten in seinem Berufsleben gehörte die Landratswahl am 26.März 1997 in Lübben. „Nachdem Herausforderer Klinkmüller den ersten Wahlgang gewonnen hatte, war ich auf Niederlage eingestellt“, gab Wille zu. Er musste damals aus den eigenen SPD- Reihen Stimmverluste hinnehmen. Dass die eigene Truppe nicht zu ihrem Kandidaten gestanden habe, war für ihn bitter und enttäuschend. Schließlich gewann Wille im zweiten Wahlgang gegen seinen Herausforderer mit einem knappen Vorsprung von zwei Stimmen. Von den 50 Abgeordneten votierten 26 für ihn und 24 für den CDU-Kandidaten.
Am 29.04.2005 gehen seine 8 Jahre als Landrat zu Ende. Im Moment sehe es so aus, dass er sich mit dem Willen der Zählgemeinschaft um eine Verlängerung seiner Amtszeit bis zum 65. Lebensjahr bemühen werde, bemerkte Wille.
Nach seinen Lastern befragt, zeigte er auf die Zigaretten. Sein Hobby ist immer noch deutsche und amerikanische Geschichte.
Nachdem Martin Wille in einer kurzweiligen Stunde ganz persönliche Einblicke in 40 Jahre seines Verwaltungsdienstes gewährte, wusste man, dass er mit seinem Leben und seiner Arbeit zufrieden ist – auch wenn sein Traumberuf als Historiker nicht in Erfüllung ging.